Ergebnisse & Perspektiven des Marxismus

EU-Wahl 2024: SpAD wählt reformistische DKP

7. Juni 2024 – Die Spartakist-Arbeiterpartei (SpAD), deutsche Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (IKL), hat Ende Mai bekannt gegeben, der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) bei den kurz bevorstehenden Wahlen zum „Parlament“ der imperialistischen EU kritische Wahlunterstützung zu geben. Zunächst einmal begrüßen wir, dass sie damit ihre frühere Beschönigung nationaler bürgerlicher Parlamente infrage stellen, die sich in ihrer alten Position, dem grundsätzlichen Boykott des EU-Parlaments, ausdrückte, die sie wie folgt begründete:1

„Nationale parlamentarische Körperschaften stellen eine historische Errungenschaft der bürgerlich-demokratischen Revolutionen dar und sind nach wie vor progressiver als andere Formen bürgerlicher Herrschaft – faschistischer oder militärischer Bonapartismus. Aber das Europaparlament hat keinen wie auch immer gearteten progressiven Inhalt, es dient einzig und allein dazu, die wirkliche Natur der EG als einer imperialistischen Allianz zu verschleiern.“

Wie wir in unserem Flugblatt „Nieder mit der imperialistischen EU!“ anlässlich der letzten EU-Parlaments-Wahl 2019 erklärten:

„Die IKL kann sich in ihrem Flugblatt nicht entscheiden, welche Funktion das ‚Pseudo-Parlament‘ der EU denn nun hat: Einerseits schreiben sie, es sei ‚ein machtloses Beratungsgremium‘, andererseits phantasieren sie, dass jedes seiner Mitglieder die ‚Rolle eines diplomatischen Vertreters eines kapitalistischen Staates‘ habe, die im ‚Aushandeln reaktionärer Abkommen‘ bestehe, weshalb es dann ‚für deren Ergebnis mitverantwortlich‘ sei. Dieser Unfug ließe sich mit weit mehr Berechtigung über die Mitglieder der nationalen Parlamente sagen. Was sagt das dann über die SpAD selbst, die sich direkt nach ihrem einzigartigen Kampf gegen die konterrevolutionäre Zerstörung der DDR 1990 am Bundestag, dem Parlament des Vierten Reichs des deutschen Imperialismus, beteiligte? Die Position der IKL hat mit dem, was Marx, Engels und Lenin über bürgerliche Parlamente gesagt haben, nicht viel zu tun. Engels betonte: ‚Das allgemeine Stimmrecht ist so der Gradmesser der Reife der Arbeiterklasse. Mehr kann und wird es nie sein im heutigen Staat‘. Lenin erklärte, dass das Parlament (das ‚echte‘!) nur eine ‚Schwatzbude‘ ist, und führte weiter aus:

‚Die Teilnahme am bürgerlichen Parlament (das in der bürgerlichen Demokratie nie über die wichtigen Fragen entscheidet: diese Fragen werden von der Börse, von den Banken entschieden) ist den werktätigen Massen durch tausenderlei Hindernisse versperrt, und die Arbeiter wissen und empfinden, sehen und fühlen ausgezeichnet, daß das bürgerliche Parlament eine ihnen fremde Einrichtung ist, ein Werkzeug zur Unterdrückung der Proletarier durch die Bourgeoisie, eine Einrichtung der feindlichen Klasse, der ausbeutenden Minderheit.‘

Die Zulässigkeit einer Kandidatur für bürgerliche Parlamente hatte nie etwas mit deren ‚Fortschrittlichkeit‘ zu tun, sondern nur damit, dass sie von den Kommunisten als Bühne für ihr revolutionäres Programm benutzt werden können.“

Die kapitalistische Ampel-Regierung von SPD, Grünen und FDP betreibt, in grundsätzlicher Übereinstimmung mit der CDU, Wirtschaftskrieg gegen Russland und China, liefert Waffen u.a. an Ukraine und Israel, verschärft das rassistische Abschieberegime und greift die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse und breiteren Bevölkerung weiter an. Mit alldem trägt sie zum Aufstieg der rechten AfD bei. Angesichts dessen stellt die SpAD richtig fest:2 „Eine linke Opposition der Arbeiterklasse wird dringend gebraucht. DIE LINKE ist es nicht. Die Führung um Janine Wissler setzt eine eindeutige Pro-NATO-, Pro-Israel-Linie in der Partei durch und wird zu Recht als fünftes Rad am Regierungswagen wahrgenommen.“ Andererseits behaupten sie: „Im Gegensatz dazu steht die Deutsche Kommunistische Partei (DKP): Sie zieht bei den Europawahlen als einzige Partei eine Linie im Interesse der Arbeiterklasse und gegen den deutschen Imperialismus. … Eine Stimme für die DKP ist eine Stimme gegen den Verrat der pro-imperialistischen Führer von SPD und LINKE.“

Schön wär’s. Schaut man sich allerdings die „Zehn Gründe für die Wahl der DKP zur EU-Wahl 2024“ an, findet sich zwar eine Reihe von Forderungen, die auch der Arbeiterklasse zugute kämen, zusammengefasst als „Frieden, gegen Armut und Demokratieabbau“. (Ähnliche Forderungen finden sich auch z.B. bei der von der SpAD erwähnten mao-reformistischen MLPD oder der pseudotrotzkistischen SGP, ohne dass die SpAD erklärt, warum Arbeiter nicht diese, sondern die DKP wählen sollen.) Anders, als die SpAD behauptet, findet sich beim DKP-Wahlauftritt aber kaum ein Bezug zur Arbeiterklasse, und es gibt keine grundsätzliche Opposition zum deutschen Imperialismus (geschweige denn zur Sozialdemokratie von SPD und Linkspartei). Alle Forderungen in diese Richtung – „gegen die Kriegspolitik von NATO und EU, gegen Hochrüstung, Waffenlieferungen und Wirtschaftskrieg“ – gehen nicht über die Perspektive einer Reformierung des Kapitalismus, über die Forderung nach einer anderen Politik des deutschen Imperialismus, hinaus. Die DKP-Forderung, dass Deutschland „aus der NATO und der EU austritt und die US-Soldaten und US-Atombomben aus dem Land wirft“, ist sogar sozialimperialistisch, weil sie davon ablenkt, dass der Hauptfeind der deutschen Arbeiterklasse der deutsche Imperialismus ist, und die falsche Vorstellung verbreitet, dass es besser wäre, wenn er unabhängiger von diesen imperialistischen Bündnissen und gegen seinen US-amerikanischen Konkurrenten aufträte. Hier rennt die SpAD mit einer ihrer drei Hauptlosungen zur Wahl – „Gegen NATO!“ – offene Türen ein, ohne allerdings die Tür zum nationalistischen Reformismus zu versperren. Der EU-Wahlauftritt der DKP 2024 ist deutlich weichgespülter und noch weniger gegen den „eigenen“ Imperialismus gerichtet als der von 2019. Damals riefen wir zur kritischen Wahlunterstützung für die DKP auf, denn:

„In ihrem Wahlprogramm macht sie Opposition gegen die EU und den deutschen Imperialismus zur Hauptfrage – wenn auch zwangsläufig mit einem reformistischen Programm, das letztendlich auf die Illusion hinausläuft, der kapitalistische Staat könne im nationalen Rahmen im Interesse der arbeitenden Bevölkerung benutzt werden. Sie sprechen richtigerweise aus, die EU stehe für Krieg, Hochrüstung, Flucht, Ausbeutung, Armut, Privatisierung, und sie betonen: „Die EU ist nicht reformierbar!‘ und ‚Die EU ist ein Instrument des deutschen Imperialismus!‘ – ‚Die DKP sagt Nein zur EU!‘.“ (Hervorhebung hinzugefügt – E&P)

Wer genau sucht, findet in der aktuellen DKP-Broschüre zur Wahl auch halbwegs richtige Sätze wie diesen (vom DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele): „Die Bundesregierung ordnet sich mit der EU bewusst in die Aggression von NATO und USA ein, weil sie wie die anderen Imperialisten den weltweiten Führungsverlust fürchtet. … Deutschland ringt um die Vorherrschaft, weil es die EU für die Durchsetzung seiner Weltmachtpläne braucht. … Die EU … ist ein imperialistisches, aggressives und ungerechtes Konstrukt, das nicht reformierbar ist, sondern überwunden werden muss.“ Aber die Hauptstoßrichtung des diesjährigen DKP-Wahlantritts, auf ihren Plakaten und Flyern, ist die alte reformistische Leier des Pazifismus – d.h. der Forderung nach einem „friedlichen“ Kapitalismus – verbunden mit Gegnerschaft nicht zum deutschen Imperialismus, sondern seinen internationalen Bündnissen und Konkurrenten.

Ja, die Arbeiterklasse muss gegen den deutschen Imperialismus und seine internationalen Machenschaften mobilisiert und in einer revolutionären Arbeiterpartei organisiert werden. Ja, das erfordert einen politischen Kampf innerhalb und außerhalb der sozialdemokratischen Organisationen (SPD, Linkspartei usw.) und den Gewerkschaften, gegen die pro-imperialistische Führung, die die Arbeiter derzeit an ihren Klassenfeind bindet. Die Wahlkampagne der DKP zum EU-Parlament leistet dazu keinen Beitrag.

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